Frauen/ Women

Mata Hari

„Cleopatra had her way, Mata Hari too. Whether they were good or bad, is strictly up to you“ (Madonna) Auch Simenon kommt einem in den Sinn, zumal “Mata Hari”s Vater Hutmacher war. Wer würde dieses Frollein Zelle, das 1876 im friesischen Leeuwarden geboren wurde, kennen, wäre die berühmte Spionin und Nackttänzerin Mata Hari nicht hingerichtet worden? Mata Hari ist bis heute Teil unserer kollektiven Phantasmagorien, unzählige Produktionen oder Projekte aus Kunst, Film, Musik, Unterhaltung und Kitsch nahmen und nehmen sich bis heute Mata Haris Lebensgeschichte an, spielen auf sie an oder verwenden ihren Namen: Sie kommt etwa bei Asterix und Obelix, James Bond und Indiana Jones vor, Madonna, Ricky Martin, Die Ärzte, Dschingis Khan oder Ofra Haza singen von ihr, Getränke, Musicals, Flipperautomaten und Kneipen künden von ihr…..Sie ist auch ein gutes Beispiel für das Bild des Orients, das der Westen sich machen wollte, also für den sogenannten Orientalismus: Sie hatte von Geburt an einen dunklenTeint und erfand sich phantastische Geschichten über ihre Herkunft und Ausbildung zur orientalischen Tempeltänzerin: Sei es Indien, sei es Ägypten oder Indonesien (wo sie tatsächlich war, bloss nicht als Tempeldienerin), sei es Shiva, Ra oder das Auge Gottes, alles musste für ihre kaum verschleierte Erotik herhalten. Aber das Bild, das sie abgeben wollte, war erfunden, war falsch….P.S. Fanny zu Reventlow ist ebenfalls friesischer Herkunft, ist im gleichen Jahrzehntgeboren, ist mit Erotik beschäftigt: wen ziehen wir vor?

Mata Hari
“Cleopatra had her way, Mata Hari too. Whether they were good or bad, is strictly up to you” (Madonna). Simenon also comes to mind, especially as “Mata Hari’s” father was a milliner. Who would have heard of this little lady Zelle, who was born in 1876 in Leeuwarden, Friesland, if the famous spy and nude dancer Mata Hari had not been executed? Mata Hari is still part of our collective phantasmagoria today, with countless productions or projects from the worlds of art, film, music, entertainment and kitsch taking up Mata Hari’s life story, alluding to her or using her name: She appears in Asterix and Obelix, James Bond and Indiana Jones, for example; Madonna, Ricky Martin, The Doctors, Genghis Khan and Ofra Haza sing about her; drinks, musicals, pinball machines and pubs herald her….. She is also a good example of the image of the Orient that the West wanted to create for itself, i.e. so-called Orientalism: She had a dark complexion from birth and invented fantastic stories about her origins and training as an oriental temple dancer: be it India, Egypt or Indonesia (where she had actually been, but not as a temple servant), be it Shiva, Ra or the Eye of God, everything had to serve as an excuse for her barely veiled eroticism. But the image she wanted to portray was invented, was false….P.S. Fanny zu Reventlow is also of Frisian origin, was born in the same decade, is preoccupied with eroticism: who do we prefer?

Hotel Naipaula

Der Zuschreiber

In Zimmer 1303 wohnt, solange man sich erinnern kann, der Zuschreiber. Man sagt, er heisse Evgen, man sagt, er sei durch eine Kriegsverletzung erblindet, man munkelt sogar, er bezahle für sein Zimmer nichts. Nun fragt ihr, was denn ein Zuschreiber sei? Man hätte bisher doch nur vom Zuschneider, der Zugehfrau, den Zulus und dem Zugersee gehört? In Wirklichkeit lebt ihr alle mit der Aussage: “Ilias und Odyssee werden zur Gänze Homer zugeschrieben”. Also, mal angenommen, Heraklit hätte gesagt: “Alles fliesst”. Alle, die im nahe waren, haben es gehört. Doch sie sind, wie er selbst, längst dahin, zu Asche oder Moder geworden….Also erzählt die neue Generation das vom Hörensagen, und so fliegt (!) das geflügelte Wort weiter durch die Zeiten, inzwischen ist selbst die Stadt, in der Heraklit (man sagt so) lebte, verlandet und im Sand versunken, und selbst die dortigen inzwischen den Touristen zuliebe ausgegrabenen Gemeinschaftstoiletten sind alles andere als flüssig. Da braucht es doch ganz dringend der Zuschreiber?

Im hiesigen Sprachgebrauch gibt es etwas Einzigartiges, nämlich die Endungen “-miş, -mış, -muş”, die immer dann gebraucht werden, wenn man sagen will: das habe ich nicht selbst erlebt, sondern nur erzählen gehört. “Bir varmış, bir yokmuş…”, “es war einmal wie keinmal”… mit welcher Formel jedes Märchen anfängt. Da passt es doch “wie die Faust aufs Auge ”, dass der Zuschreiber blind sein soll? Er ist niemals Augenzeuge, aber er hört! Man sagt, er könne unterm Brandenburger Tor sämtliche vorbeifahrenden Busse an den Motorgeräuschen unterscheiden, man munkelt, er habe einem rumänischen Panzer angehört, dass Ceaucescu darin versteckt war, dass er die Jungbullen bei ihrer Stampede durch Pampolonas Gassen an den Hufgeräuschen unterscheiden könne…. Im Augenblick sitzt er im 1303 an seiner Braille-Schreibmaschine und schreibt: “Zwischen Mann und Liebe ist eine Frau, zwischen Mann und Frau ist die Welt, zwischen Mann und Welt ist eine Mauer (Jacques Lacan zugeschrieben)”. Wir würden viel darum geben, einmal mit ihm sprechen zu können. Aber er lässt nur Naipaula zu sich.